25.04.2023
Ernährung & Landwirtschaft

Tischlein deck dich statt Erde reck dich

Kein Märchen: Unser Planet stöhnt und ächzt schon lange unter unseren Ernährungsgewohnheiten und leidet massiv unter deren Auswirkungen. Dabei würde gesundes Essen für Mensch und Erde eigentlich Hand in Hand gehen. – Eine kleine Anregung für all jene, die etwas genauer auf den eigenen Teller und darüber hinaus blicken wollen.

Bereits ein kurzer Blick auf die von der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährung empfohlene Lebensmittelpyramide offenbart die Schieflage: Die Basis einer ausgewogenen Ernährung sollte eigentlich auf ungesüssten Getränken wie Wasser oder Tee sowie Gemüse und Früchten liegen. Gefolgt von Getreideprodukten, Kartoffeln und Hülsenfrüchten. Erst dann – und in einem wesentlich geringeren Ausmass – kämen etwa Milchprodukte, Eier und Fleisch. Und alles Süsse, Salzige oder auch Alkohol sollten mengenmässig eigentlich nur das Sahnehäubchen sein.

In der Realität steht diese Pyramide aber bei zu vielen Menschen Kopf oder ist zumindest in dieser Form nicht mehr erkennbar. Und das Erstaunliche dabei: Was ernährungsbezogen jedem einzelnen von uns guttun würde, wäre auch für die Weltgesundheit ein Segen. Denn mittlerweile ist ja längst bekannt, welche negativen Folgen etwa allein unser übermässiger Fleischkonsum auf den Planeten hat: von Verlust der Biodiversität, weil wertvolle Wälder, Wiesen oder Moore für die dafür benötigten Flächen geopfert werden, über den mit der Nutztierhaltung verbundenen gesteigerten CO2-Ausstoss bis zu den für Futterpflanzen statt für menschliche Ernährung genutzten Ackerflächen. Und dabei sind unnötiges Tierleid und unsinnig lange Transportwege und Fragen der Nachhaltigkeit noch gar nicht erwähnt.

Nur ein Beispiel von mehreren, was allein ernährungstechnisch – neben der riesigen Food-Waste-Problematik durch das Wegwerfen von rund einem Drittel aller produzierten Lebensmittel – in unserer Gesellschaft falsch läuft. Aber keinesfalls ein Grund, die Hände in den Schoss zu legen und nichts zu tun. Es gibt nämlich Mittel und Wege, wie jeder und jede einzelne dazu beitragen kann, dieser unheilvollen Entwicklung entgegenzuwirken. Ein paar, praxisnahe Beispiele und hilfreiche Ansätze sollen an dieser Stelle kurz vorgestellt werden.

 

Pyramide als Richtlinie

Die bereits erwähnte Lebensmittelpyramide ist ein einfaches, aber sehr anschauliches Modell dafür, was uns und auch der Erde in Sachen Ernährungsmengen guttun würde. Schon ein kurzer Blick darauf – etwa als farbige Abbildung auf dem Kühlschrank angebracht – kann tagtäglich motivieren, zur Karotte statt zum Schokoriegel zu greifen.

 

Optimaler Teller

Wie sich eine ausgewogene Ernährung anhand der Lebensmittelpyramide auf die einzelnen Hauptmahlzeiten herunterbrechen und auf dem Teller darstellen lässt, erklärt der sogenannte «Optimale Teller», der ebenfalls von der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährung stammt. Merkblätter, Poster und herrliche Rezepte dazu – von Fleisch- und Fischgerichten über vegetarische bis zu veganer Kost – findet man unter:

https://www.sge-ssn.ch/ich-und-du/essen-und-trinken/ausgewogen/ausgewogener-teller/

 

Planetary Health Diet

Wer seine gesunde Ernährung noch enger mit jener der Erde verknüpfen möchte, dem sei die «Planetary Health Diet» ans Herz und in den Magen gelegt. Ein von insgesamt 37 Wissenschaftler:innen aus 16 verschiedenen Ländern erarbeitetes Ernährungsmodell, das Mensch und Umwelt gleichermassen schützen soll. Im Internet findet man dazu zahlreiche Infos und Menüpläne. Beispielhaft sei hier ein Projekt aus der Schweiz angeführt, das versucht, die Konsument:innen aktiv miteinzubeziehen.

https://deinquartiernachhaltig.org/

 

Auf den Geschmack kommen

Was sich selbstverständlich und einfach liest, wird zuhause in der eigenen Küche oftmals zum unüberwindbaren Kampf gegen die eigenen Gewohnheiten. Statt etwas Neues auszuprobieren, wird lieber nach Altbekanntem gegriffen. Allzu oft haftet gesunden Nahrungsmitteln auch noch zu Unrecht ein schaler Beigeschmack an. Die Vielfalt an köstlichen Gemüse-, Früchte- und Getreidesorten, aber auch weniger bekannte Hülsenfrüchte oder Nüsse, bekommen so schlicht keine Chance, den eigenen Gaumen zu überzeugen. Seien Sie also mutig und gehen Sie auf kulinarische Entdeckungsreise!

 

Umstellung statt Verzicht

Änderungen in der Ernährung sollen und dürfen keine Qual sein. Vielmehr geht es darum, sich und seinen Körper bewusst und nachhaltig auf mehr gesunde Lebensmittel einzustellen. Radikaler Verzicht führt dabei selten zum Erfolg. Es spricht also viel dafür, dass etwa Fleischtiger nicht von heute auf morgen allem Tierischen abschwören, sondern ihren diesbezüglichen Konsum bewusst einschränken und dabei auf mehr Qualität und nachhaltig erzeugte Produkte setzen.

 

Regional und frisch

Frische, saisonale Produkte schmecken nicht nur besser, sie sind meist auch hochwertiger und nachhaltiger hergestellt. Idealerweise stammen sie gleich vom Bauernhof von nebenan oder aus dem Dorfladen, der regionale Erzeugnisse verkauft. Den eigenen Speiseplan nach den tatsächlichen Erntezeiten zu richten, macht daher doppelt Sinn. Das wird einem spätestens dann klar, wenn man etwa den Geschmack wirklich sonnengereifter Tomaten mit dem jener aus dem Supermarktregal im Winter vergleicht, die aus geheizten Gewächshäusern stammen. Hier wertvolle Infos dazu vom Verein Feldfreunde sowie von einem Projekt des Amtes für Gesundheit.

https://www.feldfreunde.li/ernaehrung

https://www.alleswurscht.li

 

Und? Auf den Geschmack gekommen, sich selbst und der Welt etwas Gutes zu tun? Dann starten Sie doch einfach das Vorhaben «Gesunde Ernährung». Der Frühling ist die beste Zeit dafür.

Tischlein deck dich statt Erde reck dich als PDF.

Quellenangabe: Angaben nach Fesenfeld et al. (2023). Wege in die Ernährungszukunft der Schweiz: Leitfaden zu den grössten Hebeln und politischen Pfaden für ein nachhaltiges Ernährungssystem. SDSN Schweiz

"Ein lebenswertes Liechtenstein bedeutet für mich, … in einem Land zu wohnen, in dem zwischen Wohnhäusern noch Kühe und Schafe grasen und ich direkt vom Bauernhof die dort produzierten Lebensmittel kaufen kann."
Julia Gehler, Schellenberg